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SED-Herrschaft

Die politische Verfolgung in der DDR 

Die politische Verfolgung in der DDR war ein zentrales Instrument der SED-Herrschaft, um oppositionelle Kräfte zu unterdrücken und die sozialistische Ordnung aufrechtzuerhalten. Sie umfasste eine breite Palette von Maßnahmen, darunter Inhaftierungen, Überwachung, psychologische Zersetzung und systematische Diskriminierung. Als Beispiel politischer Repression eines Kölner Journalisten dient Karl Wilhelm Fricke.

Definition und Umfang der politischen Verfolgung

Die politische Verfolgung in der DDR richtete sich gegen Personen, die als „Staatsfeinde“ galten, darunter politische Gegner, Andersdenkende, Künstler, religiöse Gruppen und Bürger, die versuchten, die DDR zu verlassen.

Schätzungen zufolge waren zwischen 180.000 und 350.000 Menschen aus politischen Gründen inhaftiert, darunter viele ohne rechtskräftige Verurteilung. Die Verfolgung wurde durch das Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) und andere Sicherheitsorgane systematisch durchgeführt.

Phasen der politischen Verfolgung

Die politische Verfolgung in der DDR lässt sich in vier Phasen unterteilen:1

1945–1949: In der sowjetischen Besatzungszone wurden politische Gegner in Speziallagern interniert.

1949–1972: Nach der Gründung der DDR wurden Andersdenkende systematisch verfolgt, oft unter extremen Haftbedingungen.

1972–1989: Die DDR setzte zunehmend subtilere Methoden wie Zersetzung ein, um internationalen Druck zu vermeiden.

Nach 1989: Die Aufarbeitung der politischen Verfolgung begann, doch viele Opfer leiden bis heute unter den Folgen.

Methoden der politischen Verfolgung

Die DDR setzte verschiedene Methoden ein, um politische Gegner zu unterdrücken:2

Inhaftierung

Politische Häftlinge wurden oft wegen „ungesetzlichen Grenzübertritts“, „Staatsfeindlicher Hetze“ oder „Spionage“ verurteilt. Die Haftbedingungen waren extrem hart, mit Isolationshaft, Folter und psychischer Misshandlung.3

Zersetzung

Die Stasi nutzte psychologische Methoden, um das Selbstwertgefühl von Gegnern zu untergraben. Dazu gehörten das Streuen von Gerüchten, die Sabotage von Karrieren und die Zerstörung persönlicher Beziehungen.

Überwachung

Ein Netz aus inoffiziellen Mitarbeitern (IM) überwachte das Privatleben von Verdächtigen. Telefone wurden abgehört, Wohnungen verwanzt, und selbst Familienmitglieder wurden als Spitzel eingesetzt.

Berufsverbote und Diskriminierung

Politisch Verfolgte verloren oft ihre Arbeitsplätze oder wurden in niedrigere Positionen versetzt. Künstler und Intellektuelle wurden zensiert oder ausgebürgert.

Die Stasi-Methoden

​Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), besser bekannt als die Stasi, setzte in der DDR eine Vielzahl von Methoden ein, um tatsächliche oder vermeintliche Regimegegner zu überwachen, zu kontrollieren und zu destabilisieren. Diese Praktiken reichten von umfassender Überwachung bis hin zu subtilen psychologischen Manipulationen.4

Überwachungsmethoden

Die Stasi betrieb eine allgegenwärtige Überwachung der Bevölkerung:5

  • Post- und Telefonkontrolle: Briefe wurden systematisch geöffnet und gelesen; Telefongespräche abgehört und aufgezeichnet.
  • Inoffizielle Mitarbeiter (IM): Ein Netzwerk von Spitzeln durchdrang nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche, wobei Schätzungen von bis zu 189.000 IMs ausgehen. ​
  • Observation: Verdächtige Personen wurden häufig über längere Zeiträume hinweg beschattet, um ihr Verhalten und ihre Kontakte zu dokumentieren.

Psychologische Zersetzung

Ab den 1970er Jahren setzte die Stasi verstärkt auf psychologische Methoden, um Oppositionelle zu destabilisieren:​6

  • Diskreditierung im sozialen Umfeld: Verbreitung von Gerüchten und falschen Informationen, um das Ansehen der Zielpersonen zu schädigen. ​
  • Berufliche und soziale Benachteiligung: Verhinderung von Karrieremöglichkeiten oder Ausschluss aus sozialen Gruppen. ​
  • Störung des Privatlebens: Manipulation persönlicher Beziehungen durch gezielte Einflussnahme oder das Inszenieren von Konflikten. ​

Diese Maßnahmen zielten darauf ab, das Selbstvertrauen der Betroffenen zu untergraben und sie psychisch zu zermürben.​

Eingriffe in die Privatsphäre

Die Stasi drang auch physisch in das Leben der Menschen ein:​7

  • Geheime Wohnungsdurchsuchungen: Dabei wurden persönliche Gegenstände durchsucht, fotografiert oder manipuliert, oft ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen, um Verunsicherung zu erzeugen.
  • Überwachung des persönlichen Umfelds: Freunde, Familie und Kollegen wurden ausgehorcht oder zur Mitarbeit gedrängt, um umfassende Informationen über die Zielperson zu sammeln.

Diese Methoden der Stasi führten bei vielen Betroffenen zu tiefgreifenden psychischen Belastungen und haben bis heute Auswirkungen auf ihr Leben.

Rechtliche Grundlagen der DDR Justiz

Die politische Verfolgung wurde durch Gesetze wie das Strafgesetzbuch der DDR legitimiert.8 Paragrafen wie § 106 (Staatsfeindliche Hetze), § 213 (Ungesetzlicher Grenzübertritt) und § 215 (Rowdytum) wurden häufig verwendet, um politische Gegner zu kriminalisieren. Die Justiz war eng mit der SED und der Stasi verflochten, was zu unfairen Prozessen und willkürlichen Urteilen führte.

Straftatbestand der staatsfeindlichen Hetze

​In der DDR war der Straftatbestand der staatsfeindlichen Hetze ein zentrales Instrument zur Unterdrückung abweichender Meinungen. Er wurde im § 106 des Strafgesetzbuchs von 1968 geregelt und diente dazu, jede Form von Kritik an der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu kriminalisieren.​9

Freiheitsentzug bis zu zehn Jahren für die Meinungsfreiheit

Der Paragraf stellte unter Strafe, wer mit dem Ziel, die sozialistische Ordnung zu schädigen oder gegen sie aufzuwiegeln, Schriften, Symbole oder andere Ausdrucksformen verbreitete, die die staatlichen, politischen oder gesellschaftlichen Verhältnisse der DDR diskriminierten. Die Strafen reichten von Freiheitsentzug bis zu zehn Jahren, in schweren Fällen sogar darüber hinaus. ​

Bewusst unklare Formulierung

Die vage Formulierung des Gesetzes ermöglichte es den Behörden, nahezu jede kritische Äußerung als staatsfeindlich zu interpretieren. Dies führte dazu, dass zahlreiche Oppositionelle, Künstler und Bürgerrechtler verhaftet und verurteilt wurden. ​

Rehabilitation – Aufhebung der Urteile

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden viele Urteile wegen staatsfeindlicher Hetze aufgehoben. Die Bundesrepublik Deutschland erkannte diese Verurteilungen als Unrecht an, da sie gegen die Prinzipien der Meinungsfreiheit verstießen, die im Grundgesetz verankert sind.​

Folgen für die Opfer

Die politische Verfolgung hatte langfristige Auswirkungen auf die Betroffenen:

Psychische Traumata: Viele Opfer leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen und Angstzuständen.

Soziale Ausgrenzung: Ehemals Verfolgte wurden oft stigmatisiert und hatten Schwierigkeiten, im Berufsleben Fuß zu fassen.

Gesundheitliche Folgen: Körperliche Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme und Krebs treten bei politischen Häftlingen häufiger auf.

Aufarbeitung und Entschädigung

Seit der Wiedervereinigung wurden Anstrengungen unternommen, das Unrecht der DDR aufzuarbeiten:10

Rehabilitierung

Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) und Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG): Diese Regelungen dienen dazu, die beruflichen und verwaltungsbezogenen Nachteile, die aus der politischen Verfolgung resultierten, auszugleichen. Dabei sollen beispielsweise Berufsverbote rückgängig gemacht und Rentenausgleiche gewährt werden.

Opferrente

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG): Dieses Gesetz hebt rechtsstaatswidrige Strafurteile auf, die in der DDR aufgrund politischer Gründe verhängt wurden. Opfer erhalten hierdurch nicht nur eine offizielle Entlastung, sondern oft auch eine einmalige Kapitalentschädigung oder monatliche Zuwendungen (sogenannte „Opferrenten“). Politisch Verfolgte können eine monatliche Rente von 330 Euro (ab Juli 2025 400 Euro) beantragen, sofern sie bedürftig sind11.

Anerkennung von Gesundheitsschäden

Seit 2025 wird die Anerkennung von Folgeschäden vereinfacht, und ein Härtefallfonds wurde eingerichtet.12

Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V. (UOKG)

​Die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V. (UOKG) ist ein zentraler Dachverband in Deutschland, der sich für die Interessen der Opfer kommunistischer Repression einsetzt. Gegründet am 19. Oktober 1991, vereint die UOKG heute fast 40 Mitgliedsorganisationen, darunter Lagergemeinschaften, Häftlingsvereine und Initiativen von Zwangsausgesiedelten. ​

Die UOKG spielt eine zentrale Rolle in der Aufarbeitung der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland und bietet Betroffenen eine wichtige Anlaufstelle für Unterstützung und Anerkennung.

Aufgaben und Ziele

Die UOKG verfolgt das Ziel, den Opfern der SED-Diktatur Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Dazu gehören die Rehabilitierung zu Unrecht Verurteilter, angemessene Entschädigungen und die Anerkennung erlittenen Unrechts. Zudem setzt sich die UOKG für die Errichtung eines Mahnmals für alle Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft ein.

Beratung und Unterstützung

Die UOKG bietet spezialisierte Beratungsstellen an, die kostenlose Unterstützung in folgenden Bereichen leisten:​

  • Juristische Beratung: Hilfe bei Rehabilitierungsverfahren und Anträgen auf Entschädigung.​
  • Psychosoziale Beratung: Unterstützung bei der Verarbeitung von Traumata und psychosozialen Belastungen.​
  • Soziale Beratung: Beratung zu sozialen Leistungen und Unterstützungsangeboten.​
  • Beratung zu Zwangsadoptionen und ehemaligen Heimkindern: Unterstützung bei der Aufarbeitung individueller Schicksale.​

Diese Angebote richten sich an alle SED-Opfer und deren Angehörige

Die UOKG arbeitet eng mit politischen Entscheidungsträgern zusammen. Sie ist Mitglied in internationalen Organisationen wie der Internationalen Assoziation ehemaliger politischer Gefangener und Opfer des Kommunismus und der Europäischen Plattform Gedächtnis und Gewissen.

  1. https://www.bpb.de/themen/deutsche-teilung/stasi/218417/psychofolgen-bis-heute-zersetzungs-opfer-der-ddr-geheimpolizei/ ↩︎
  2. https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/havemann/docs/material/11_M.pdf ↩︎
  3. https://www.stiftung-hsh.de/ ↩︎
  4. https://www.mdr.de/geschichte/ddr/politik-gesellschaft/stasi/index.html ↩︎
  5. https://www.mdr.de/geschichte/ddr/politik-gesellschaft/stasi/ministerium-fuer-staatssicherheit-mfs-gruendung-ueberwachungsstaat-100.html ↩︎
  6. https://www.bundesarchiv.de/im-archiv-recherchieren/stasi-unterlagen-einsehen/hinweise-zum-mfs/mfs-lexikon/detail/zersetzung/ ↩︎
  7. https://www.demokratie-statt-diktatur.de/stasi-und-die-menschenrechte/privatsphaere/ ↩︎
  8. https://werle.rewi.hu-berlin.de/Auszuege_DDR-Gesetze.pdf ↩︎
  9. https://www.bundesarchiv.de/themen-entdecken/online-entdecken/themenbeitraege/der-kampf-um-die-meinungsfreiheit-auch-in-der-ddr ↩︎
  10. https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/erinnern/opfer-und-betroffene ↩︎
  11. https://www.bmj.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/0814_SED_Opfer.html ↩︎
  12. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2025/kw05-de-sed-opfer-1042020 ↩︎
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